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Amtsgericht Essen, Aktenzeichen: 162 IN 208/22
Über das Vermögen
der im Handelsregister des Amtsgerichts Gelsenkirchen unter HRB 14493 eingetragenen CAPITALis GmbH, Bismarckstr. 90, 45888 Gelsenkirchen, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Mario Siegfried Schulz, Bismarckstr. 90, 45888 Gelsenkirchen
Geschäftszweig: Erwerb, Verwaltung und Nutzung von Grundstücken und Bauten
wird wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung heute, am 25.05.2023, um 14:37 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Eröffnung erfolgt aufgrund des am 11.11.2022 bei Gericht eingegangenen Antrags einer Gläubigerin.
Zur Insolvenzverwalterin wird ernannt Rechtsanwältin Britta Hoff, Limperstr. 19, 45657 Recklinghausen.
Forderungen der Insolvenzgläubiger sind bis zum 20.07.2023 unter Beachtung des § 174 InsO bei der Insolvenzverwalterin anzumelden. Die Gläubiger werden aufgefordert, der Insolvenzverwalterin unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten der Schuldnerin in Anspruch nehmen. Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer diese Mitteilungen schuldhaft unterlässt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden (§ 28 Abs. 2 InsO).
Wer Verpflichtungen gegenüber der Schuldnerin hat, wird aufgefordert, nicht mehr an diese zu leisten, sondern nur noch an die Insolvenzverwalterin.
Auf die Durchführung eines Berichtstermins wird gemäß § 29 Abs. 2 S. 2 InsO verzichtet.
Stichtag, der dem Prüfungstermin (§§ 29, 156, 176 InsO) entspricht, ist
der 07.08.2023.
Dieser Termin entspricht zugleich dem Termin der ersten Gläubigerversammlung. Bis zu diesem Zeitpunkt können die Gläubiger schriftliche Stellungnahmen bei Gericht einreichen
- zur Person der Insolvenzverwalterin,
- zur Einsetzung, Besetzung und Beibehaltung des Gläubigerausschuss (§ 68 InsO),
- zur Hinterlegungsstelle und Bedingungen zur Anlage und Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten (§ 149 InsO),
- zur Zwischenrechnungslegung gegenüber der Gläubigerversammlung (§ 66 Abs. 3 InsO),
- zur Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens (§ 157 InsO),
Die Tabelle mit den Forderungen und die Anmeldeunterlagen werden spätestens ab dem 26.07.2023 zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, Zimmer Nr. 63 niedergelegt.
Ein schriftlicher Widerspruch, mit dem ein Beteiligter eine Forderung bestreitet, muss spätestens am Prüfungsstichtag bei Gericht eingehen. Im Widerspruch ist anzugeben, ob die Forderung nach ihrem Grund, ihrem Betrag oder ihrem Rang bestritten wird.
Die Insolvenzverwalterin wird beauftragt, die nach § 30 Abs. 2 InsO zu bewirkenden Zustellungen an die Schuldner der Schuldnerin (Drittschuldner) sowie an die Gläubiger durchzuführen (§ 8 Abs. 3 InsO).
Die im elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgten Veröffentlichungen von Daten aus diesem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens werden spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht.
Sonstige Veröffentlichungen nach der Insolvenzordnung werden einen Monat nach dem ersten Tag der Veröffentlichung gelöscht.
Gründe
I. Gegenstand des Betriebes der Schuldnerin ist der Erwerb sowie die Verwaltung und Nutzung von Grundstücken und Bauten sowie Vornahme aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte.
Mit Schreiben vom 11.11.2022, bei Gericht eingegangen am 11.11.2022, hat die Blömker Immobilien GmbH & Co. KG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt.
Mit Beschluss vom 24.01.2023 wurde Frau Rechtsanwältin Hoff auf Recklinghausen zur Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 14.02.2023 wurde Frau Rechtsanwältin Hoff zur vorläufigen Insolvenzverwalterin mit Zustimmungsvorbehalt gem. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO bestellt.
Mit Gutachten vom 17.04.2023 regte die vorläufige Insolvenzverwalterin an, über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen, da u. A. der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit gegeben sei. Der Schuldnerin wurde das Gutachten zur Stellungnahme übersandt. Die Schuldnerin beantragt, die Eröffnung abzulehnen.
II. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ist zu eröffnen, da die Schuldnerin gem. § 17 InsO zahlungsunfähig sowie gem. § 19 InsO überschuldet ist.
1. Der Schuldner ist gem. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat § 17 Abs. 2. S. InsO.
a) Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit iSd § 17 Abs. 2 S. 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, NZI 2012, 663 Rn. 8). Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als zehn¿Prozent seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als zehn¿Prozent erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners zehn¿Prozent oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH, NZI 2007, 36 Rn. 27, stRspr.).
b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist das Gericht aufgrund der getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig ist.
aa) Gegenüber der Schuldnerin bestehen unstreitige Verbindlichkeiten in Höhe von 518.725,79 €, die sich zum größten Teil aus Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben zusammensetzen.
bb) Demgegenüber stehen liquide Geldmittel aus Kassen- und Bankbeständen in Höhe von € 0,00 gegenüber, was unzweifelhaft zu einer Liquiditätsunterdeckung in Höhe von 518.725,79 € führt, die mehr als 10 % bezogen auf die fälligen Verbindlichkeiten beträgt.
cc) Soweit die Schuldnerin der Auffassung ist, im Rahmen der Prüfung der Liquidität der Schuldnerin sei ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Schuldnerin gegenüber der CAPITALIS Team GmbH in Höhe von insgesamt 911.577,76 € zu aktivieren, da die zugrundeliegenden Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien, kann das Gericht dem nicht folgen.
Im Rahmen der Aktiva sind alle verfügbaren Zahlungsmittel in Form von Bargeld, Schecks, Bankguthaben zu berücksichtigen. Dabei sind nicht nur die zum Stichtag vorhandenen, sondern auch die im maßgeblichen Drei-Wochen-Zeitraum noch zufließenden Zahlungsmittel zu berücksichtigen (vgl. BGH 14.5.2009 - IX ZR 63/08 NZI 2009, 471, 474). Zwar sind auch geldwerte Vermögensgegenstände wie Forderungen zu berücksichtigen, allerdings nur, wenn diese kurzfristig liquidierbar sind (BGH 3.12.1998 - IX ZR 313/97 NZI 1999, 70, 71). Die geldwerten Vermögensgegenstände sind daher nur als Zahlungsmittel zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb des maßgeblichen Drei-Wochen-Zeitraums liquidiert werden können. Daher bleiben alle Maßnahmen, bei denen eine Aussicht auf Zufluss von Zahlungsmitteln innerhalb des Zeitraums nicht besteht, außer Betracht (vgl. Uhlenbruck/Mock, 15. Aufl. 2019, InsO § 17 Rn. 46).
Inwiefern hier die Erwartung gerechtfertigt erscheint, dass der Betrag in Höhe von 911.577,76 € von der CAPITALIS Team GmbH an die Schuldnerin innerhalb von drei Wochen zurückbezahlt wird, ist seitens der Schuldnerin nicht weiter dargelegt worden. Streitgegenständlich sind die folgenden Zahlungen:
16.09.2019: 444.984,46 €
26.09.2019: 198.170,24 €
02.12.2019: 136.834,00 €
21.02.2020: 131.589,06 €
Angesichts des Zeitablaufs ist es nach Auffassung des Gerichts nahezu ausgeschlossen, dass etwaige Forderungen gegenüber der CAPITALIS Team GmbH kurzfristig ohne Einleitung eines Klageverfahrens realisiert werden können. Etwaige Forderungen gegenüber der CAPITALIS Team GmbH sind daher nicht zu aktivieren.
dd) Weitere kurzfristige Zahlungsmittel der Schuldnerin sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
d) Die Schuldnerin ist damit nicht in der Lage, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die bestehende Liquiditätslücke beläuft sich auf mehr als 10 %. Umstände, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Die Schuldnerin ist ferner überschuldet gem. § 19 InsO.
a) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Letzteres ist ausgeschlossen, da der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin eingestellt ist. Eine positive Fortführungsprognose kann somit nicht mehr gestellt werden.
b) Die Ermittlung der rechnerischen Überschuldung setzt zunächst die Ermittlung der tatsächlich zu berücksichtigenden Aktiva und Passiva voraus (Ansatz). Erst in einem zweiten Schritt ist dann zu ermitteln, mit welchem Wert diese zu berücksichtigenden Aktiva und Passiva anzusetzen sind (Bewertung). Den Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von 518.725,79 € stehen laut den getroffenen Feststellungen zu aktivierende Liquidationswerte in Höhe von 8.016,00 € gegenüber, so dass eine rechnerische Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von 510.709,79 € vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht der Schuldnerin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 34 Abs. 2 InsO zu. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes erklärt werden.
Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Essen eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde.
Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung genügt auch die öffentliche Bekanntmachung. Diese gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der unter www.insolvenzbekanntmachungen.de erfolgten Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Maßgeblich für den Beginn der Beschwerdefrist ist der frühere Zeitpunkt.
Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie soll begründet werden.
Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. I, S.3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de
162 IN 208/22
Essen, 25.05.2023